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Über das Projekt

Gegenstand des Projektes sind die Musiksammlungen dreier niederösterreichischer Klöster, Stift Göttweig, Stift Klosterneuburg und Stift Melk.

Als Besonderheit bieten sie weitgehend geschlossen erhaltene Sammlungsbestände, die bis in die heutige Zeit fortwirkende Sammlungsstrategien und Sammlungspraxen abbilden. In dieser Hinsicht sind sie einzigartig, sammlungshistorisch jedoch von der Forschung noch kaum beachtet. Von besonderem Interesse ist die Tatsache, dass die Stifte nicht isoliert voneinander sammelten, sondern auf vielfältige Weise vernetzt waren. Daraus ergibt sich der transdisziplinäre Ansatz des Projektes, das musikwissenschaftliche Grundlagenforschung mit Sammlungsforschung und Methoden der Digital Humanities verbindet. So sollen innerhalb des Projektes nicht nur die für die Sammlungsprofile zentralen Musikbestände unter gemeinsamen Kriterien erstmals erschlossen, sondern auch die Sammlungsgeschichte(n) in vernetzter Form aufgearbeitet, in einer gemeinsamen Datenbank und einer übergreifenden Publikation dargestellt sowie in ausgewählten Editionen sichtbar und für die weitere Forschung wie die musikalische Praxis nutzbar gemacht werden.

Mit diesem breitgefächerten Ansatz stellt das Projekt am Beispiel der klösterlichen Musiksammlungen die Bedeutung des Musikerbes in Niederösterreich und seiner Erforschung durch die musealen Sammlungswissenschaften heraus. Mit der Verbindung von kulturellem Erbe und neuen Technologien sowie der Kooperation von universitären und außeruniversitären Wissenschaftspartnern auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene trägt das Projekt maßgeblich zum Aufbau von Forschungsinfrastrukturen bei.

Die Erfassung der klösterlichen Musikbestände wird im Rahmen dieses Themenbereichs angestrebt. Vorerst werden in allen drei Klöstern ausgewählte Teilbereiche komparatistisch tiefenerschlossen, katalogisiert sowie digitalisiert mit dem Ziel, Vernetzungsstrukturen mittels einer open access Datenbank sichtbar zu machen. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des Themenbereichs Sammlungsforschung lassen sich die Musikalien kontextualisieren, das heißt in ihrem historischen, liturgischen und regionalen Zusammenhang darstellen. Der Fokus liegt dabei auf den hinsichtlich der Sammlungsgeschichte und jeweiligen Sammlungsidentität relevanten Beständen handschriftlicher Überlieferung von der ersten Hälfte des 18. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.

Der innovative Charakter des Themenbereichs „Erschließung“ besteht neben der hier erstmals vorgenommenen Tiefenerschließung ausgewählter Bestände in der prozessorientierten Erarbeitung der Datenbank in enger und transdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Musikwissenschaft und Technik.

Zentraler Bestandteil des Gesamtprojektes ist die Erarbeitung einer digitalen Infrastruktur durch die Konzeption und Erstellung einer Webapplikation, welche die in den Themenbereichen „Erschließung“ und „Sammlungsgeschichte“ erhobenen Daten zu den Musikarchiven der Stifte Göttweig, Klosterneuburg und Melk zusammenführt und für nachfolgende Forschungen bereitstellt. Hierzu soll ein gemeinsames, erweiterbares Tool mit Schnittstellen zu weiteren Datenclustern aus der niederösterreichischen Klöster- und Musiklandschaft erstellt und langfristig über einen Server an der Donau-Universität Krems zur Verfügung gestellt werden.

Im Unterschied zu bisherigen Musik-Datenbanken und Online-Katalogen , die primär einzelne Archivalien oder Einzelbestände dokumentieren, wird diese Applikation auch die Vernetzungsstrukturen der klösterlichen Musiksammlungen untereinander und des klösterlichen Musikerbes abbilden und recherchierbar machen. Erfasst werden daher auch Personendaten (Komponisten, Musiker, Auftraggeber, Schreiber etc.), Aufführungsverzeichnisse, Besucherbücher, Korrespondenzen und Rechnungen, die die Musikkultur in und um die Klöster spiegeln und den Austausch untereinander sowie mit anderen Akteuren und Institutionen sichtbar werden lassen.

Die vernetzte Erforschung klösterlicher Musiksammlungen und ihrer Sammlungsstrategien ist ein neues Themengebiet, von dem über die engere Fragestellungen zur klösterlichen Musikkultur hinaus maßgebliche Impulse für die sammlungswissenschaftliche Forschung insgesamt zu erwarten sind. Die Musikarchive der Klöster bieten die Möglichkeit multipler Zugänge zu Sammlungen. Neben den Musikalien existieren Inventare sowie allgemeines historisches Quellenmaterial, die Informationen zum Musikleben und Bestandsveränderung geben. Die für Klöster häufige Quellendichte ist in anderen Sammlungen kaum zu finden. Dies ermöglicht nicht nur Sammlungsstrukturen und –praxen in einem Kloster nachzuvollziehen, sondern auch vergleichend zu untersuchen.

Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelten sich die Kataloge im Verlauf weniger Jahrzehnte von praxisorientierten Verzeichnissen, die es den Chorregenten erleichtern sollten, ohne großen Aufwand aus dem vorliegenden Material geeignete Stücke für Aufführungen auszuwählen und aufzufinden, zu regelrechten Sammlungskatalogen, die über rein aufführungspraktisch relevante Daten hinaus zunehmend auch historisch-philologische Kriterien berücksichtigten.

Bei der Vielzahl an erhaltenem Notenmaterial muss es ein Anliegen sein, Schätze dieser Sammlungen wieder zum Klingen zu bringen. Daher wird eine Editionsreihe zur Musik der Donau-Klöster begründet; erste Werke werden im Rahmen des Projekts herausgegeben werden. Die darin edierte Musik, idealerweise in allen drei Klöstern überliefert, ist für ihre Zeit und ihre Gattung repräsentativ und soll unterschiedliche Text- und Besetzungsvarianten sowie die Vernetzungsstrukturen abbilden.

Die Edition entspricht dabei historisch-kritischen Anforderungen, arbeitet jedoch mit den aktuellen Methoden der digitalen Edition; nicht zuletzt in Vorwort und Kritischem Bericht fließen Erkenntnisse der Themenbereiche „Sammlungsforschung“ und „Erschließung“ ein. Sie versteht sich als Beitrag zur Erforschung historischer Transfer- und Migrationsbewegungen von MusikerInnen. Die Ergebnisse liefern gleichermaßen die Grundlage für zeitgemäße Aufführungen der Musik ebenso wie für weiterführende Forschungen. In weiterer Folge kann die Editionsreihe auch als Ausgangspunkt für eine internationale Editionsreihe zur Klostermusik dienen und so das Projekt als internationales Referenzprojekt etablieren. Anzustreben ist die Kooperation mit regionalen Festivals und Ensembles.