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„Vernetztes Sammeln“. Tagung des Projekts Kloster_Musik_Sammlungen in Krems

11.08.2019

„Sammler sind glückliche Menschen.“ Dieses Zitat stand am Anfang der Tagung „Vernetztes Sammeln. Klostermusikarchive im Kontext“ des vom Land Niederösterreich geförderten Projekts „Kloster_Musik_Sammlungen“. Ob und inwiefern Johann Wolfgang von Goethe mit dieser Aussage auch heute noch Recht behalten würde, war von 10. bis 12. April 2019 an der Donau-Universität Krems nur bedingt zu erfahren. Denn der Kontext und wissenschaftliche Fokus der Tagung hätte eine verallgemeinernde Aussage als Antwort auf die zahlreichen Fragestellungen nicht zugelassen. 

Komplex präsentierten sich die Fragestellungen insofern, als dass die im Fokus stehenden Archive im Rahmen der Tagung nicht als einzelne, voneinander getrennte Ansammlungen von Kunstwerken, sondern als Gesamtheit betrachtet wurden: Nur so können Zusammenhänge, Verbindungen und Vernetzungen erforscht werden; eine Art der Fragestellung, der sich das Projekt „Kloster_Musik_Sammlungen“ besonders widmet.

Auf diese Weise verknüpft betrachtete Problemstellungen können nur interdisziplinär erarbeitet werden. Das spiegelte sich auch im Tagungsprogramm wider. Internationale Vortragende aus den Bereichen Musik- und Archivwissenschaft, Kunst- und allgemeiner Geschichte sowie Informationstechnologie stellten Forschungsergebnisse zur Diskussion, die sowohl inhaltlich als auch methodisch neuartige Zugänge zeigten. 

Wissenschaft digital

Die Leiterin des Projekts „Kloster_Musik_Sammlungen“, Anja Grebe, eröffnete die Tagung mit einem Vortrag über die klösterliche Sammelpraxis im 18. Jahrhundert. Auch die Projektklöster Göttweig, Klosterneuburg und Melk waren durch ihre jeweiligen Sammlungsleiter Bernhard Rameder, Martin Haltrich (im Vortrag mit Herbert Krammer aus der Bibliothek Klosterneuburg sowie den Projektmitarbeitern Max Theisen und Ulrike Wagner) und Johannes Prominczel vertreten. Während Rameder und Prominczel auf die Spezifika und Historie ihrer Sammlungen eingingen, diskutierte das Team um Haltrich besonders die Relevanz von „Digital Humanities“ für Geistes- bzw. Sammlungswissenschaften.

Digital Humanities, die digitale Erarbeitung geisteswissenschaftlicher Fragestellungen eröffnen dabei völlig neue Möglichkeiten. Vor allem in Musikarchiven mit tausenden Musikalien, die von der IT zunächst einmal einfach als Datensätze betrachtet werden, werden Schlagworte wie Big Data und Analytics zu spannenden Themen, für die es spezielle Tools braucht, um genannte verknüpfte sammlungswissenschaftliche Problemstellungen erörtern zu können. Doch was braucht die Wissenschaft, um diese Tools effektiv anwenden zu können? Welche Plattform ist die richtige, wo wird Digitalisierung als Teil der Problemlösung genutzt?

Selbst für die Forschungsfragen des Editionsteams spielen die Digitalen Wissenschaften eine enorme Rolle: von einer basalen Ebene (Lokalisierung einer Quelle in einer online verfügbaren Datenbank) zu Erkenntnissen durch die digitale grafische Aufbereitung („Wanderschaft“ der Quellen bzw. Abschriften entlang des „Österreichischen Klosterkorridors“ [Freeman, 1982]) zu der Entdeckung historischer Artefakte früher Sammlungsforschung von den Werken des zu edierenden Komponisten (Marian Paradeiser, Fund in einem Digitalisat, das in der Schweiz aufbewahrt wird und ohne digitalen Weg niemals eingesehen hätte werden können). 

Digitales Archiv: ein diskussionswürdiges Thema

Einen wichtigen Teil der Tagung bildeten die Beiträge der MusikwissenschafterInnen der Masaryk-Universität Brünn, die auch Partner-Universität des Projektes „Kloster_Musik_Sammlungen“ ist. Jana Perutková erforscht seit längerem die in den Klöstern Niederösterreichs, Wiens und Südmährens lagernden Libretti. Dabei handelt es sich – wie im Falle von Klosterneuburg – teilweise um frühe Drucke von Textbüchern von Oratorien und so genannter „Sepolcri“, die speziell in der Osterzeit gegeben wurden. Weitere Beiträge aus Tschechien lieferten Irena Veselá (Musiksammlungen in Raigern und Brünn), Lukáš Pavlica (Musiksammlung Neureisch) sowie Petr Slouka (Sammlung Lobkowicz/Prag).

In einer Diskussion zum Thema „Musiksammlungen – zwischen Bibliothek, Archiv und Museum“ sprach Klaus Keil, Leiter der RISM-Zentrale Frankfurt, über die Relevanz der internationalen Datenbank. Selbst wenn „Spezialdatenbanken“ erschaffen werden, die sich mit Sammlungen in anderem Fokus beschäftigen, so beweist RISM als zentrale (Recherche-)Plattform weltumspannende Nutzen. Auch die Daten, die im Projekt „Kloster_Musik_Sammlungen“ erhoben werden, sollen für RISM aufbereitet werden.

Ob nun diese digitalen Agenden zu einem glücklichen Sammlerleben führen oder ob die analoge Sammelleidenschaft an sich heute noch ausreicht (wie Goethe versprach), bleibt eine unbeantwortete Frage. Der äußerst positiven Resonanz der Tagung zufolge darf sich zumindest das Team des Projekts „Kloster_Musik_Sammlungen“ glücklich schätzen, eine gelungene und fruchtbare Veranstaltung organisiert zu haben. 

Wir danken allen TeilnehmerInnen und BesucherInnen, die sich mit Vorträgen, Fragen und Diskussionsbeiträgen für unsere Themen begeistern ließen. Ausgewählte Beiträge der Tagung werden im abschließenden Sammelband des Projektes veröffentlicht. 


Einen ausführlicheren Bericht über die Tagung finden Sie auf H/Soz/Kult online und hier zum Download: PDF_Vernetztes-Sammlen (Autorin: Stefanie Preisl).


GüSt